9.10.2018

Besuch in der Hauptwache der Freiwilligen Feuerwehr Celle

Reisebericht

Rund fünfhundert Mal im Jahr wird die Freiwillige Feuerwehr Celle zu Hilfe gerufen. Nicht nur wenn es brennt. Oft muss sie ausrücken, um eingeklemmte Personen aus Unfall-Autos zu retten, Chemikalien zu beseitigen, umgestürzte Bäume zu bergen oder auch mal Jungstörche zu beringen. Zuständig dafür ist Ortsbrandmeister Bernd Müller, im Hauptberuf selbständiger Unternehmensberater. Den leider nur acht Mitgliedern des Museumsvereins vermittelte er einen lebendige Einblicke in den Alltag der Feuerwehr, wobei er mehr auf das historische als das technische Interesse seiner Gäste einging. So erfuhren wir viel über die Entwicklung des Brandschutzes, der erstaunlicherweise erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts organisatorische Formen annahm.

Die Freiwillige Feuerwehr Celle, gegründet 1864, war eine der ersten in Niedersachsen. Bei den damals entstehenden Turnvereinen rekrutierte man die ersten Freiwilligen für die Ausbildung zur Feuerwehrleuten. Durch die Gründung der „Feuerwehrschule Celle“ (heute Niedersächsische Akademie für Brand- und Katastrophenschutz) 1931 blieb Celle auch im 20. Jahrhundert ein deutschlandweit bekanntes Zentrum der Brandbekämpfung. Erster Leiter dieser Schule war der Celler Uhrmachermeister Walter Schnell. Er trieb zunächst die Professionalisierung der Ausbildung voran und leistete später auch Pionierarbeit bei der gesetzlichen Regelung des Brandschutzes im „Dritten Reich“. Heute leisten in der Ortsfeuerwehr, die das alte Stadtgebiet vor der Gebietsreform abdeckt, 140 Männer und 20 Frauen Dienst. Weitere acht Feuerwehren haben sich in den eingemeindeten Ortsteilen erhalten. Insgesamt stehen rund 750 Freiwillige auf Abruf bereit. Sie sind dafür mit Piepsern ausgerüstet, die auf einem besonderen Funkkanal senden. Die technische Ausstattung und logistische Unterstützung dieser Ehrenamtlichen kostet Celle rund 2,5 Millionen Euro im Jahr. Für eine Berufsfeuerwehr, wie sie die meisten Städte ihrer Größenordnung haben, müsste der Rat nach Müllers Einschätzung jedoch doppelt so viel ausgeben. Der Umzug aus den beengten Verhältnissen der alten Feuerwache in die neue am Herzog-Ernst-Ring war auch deshalb wichtig, um das Engagement für die Feuerwehr weiterhin attraktiv zu halten.Unterdessen hat die Technik auch auf dem Gebiet der Brandbekämpfung große Fortschritte gemacht, wie Bernd Müller beim weiteren Gang durch die Kleiderkammer in die Fahrzeughalle erläutert. Das beginnt bei den Schutzanzügen und erstreckt sich auf eine Fülle von Spezialfahrzeugen und -werkzeugen. Jedes Feuerwehrauto ist für bestimmte Einsatzzwecke ausgerüstet. Und jeder Insasse hat dabei spezielle Aufgaben. Damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt, müssen die Feuerwehrmänner und -frauen mindestens zwei Jahre Ausbildung absolvieren; für viele Spezialaufgaben – Gefahrgutsicherung, Taucheinsätze, Führungsaufgaben – hören die Fortbildungsveranstaltungen nie auf. Viel Freizeit, die zusätzlich zu den Einsatzfahrten für den Dienst an der Allgemeinheit geopfert wird. Was die überwiegend jungen Leute davon haben? „Kameradschaft“, sagt Bernd Müller ohne Umschweife. Ein solches Miteinander könne man in keinem Sportverein und keiner sonstigen Gemeinschaft erleben. Klar, ein bisschen Abenteuerlust sei auch dabei. Aber entscheidend sei der Zusammenhalt, der dadurch entstehe, dass die Leute immer wieder in Extremsituationen Verantwortung für einander übernehmen. Und deshalb bleiben die meisten auch dabei. Die Ehrentafel in der Eingangshalle ist übersät mit silbernen Namensschildchen für 25jährige Mitgliedschaft bei der Freiwilligen Feuerwehr Celle. Für 40 Jahre gibt es ein goldenes Schildchen. Ein solches hat natürlich auch der Ortsbrandmeister, bei dem sich die Teilnehmer aufs Herzlichste bedanken.

Stefan Dietrich